BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald

Gewässer der Region aufwerten – jede*r kann mitmachen

26. Mai 2020 | Flüsse & Gewässer, Lebensräume, Naturschutz

Die eingebrachten Totholzstrukturen im Kraichbach bieten Unterschlupf und Nahrung und diversifizieren die Strömungsverhältnisse (Foto: Uwe Heidenreich).  (Uwe Heidenreich)

BUND und NABU verweisen auf die laufende Öffentlichkeitsbeteiligung zur Wasserrahmenrichtlinie

Heidelberg. Verbaute Ufer, Fischsterben bei Niedrigwasser, Toilettenpapierüberbleibsel nach Starkregenereignissen – derartige Bilder finden sich viele an den Gewässern der Region. Mit der europäischen Wasserrahmenrichtlinie hat Deutschland ein gutes Instrument an die Hand bekommen, um den schlechten Zustand seiner Gewässer aufzuwerten. Ein zukunftsweisender Aspekt des Rahmendokumentes ist die umfassende Öffentlichkeitsbeteiligung. Aktuell können Bürger und Verbände in Baden-Württemberg ihre Beobachtungen und Ideen melden und so zu einer Verbesserung beitragen. Hierfür gibt es in diesem Jahr bis zum 31. Mai ein umfassendes Online-Rückmeldetool.


Gute Pläne liegen vor – die Umsetzung muss verbessert werden
Noch haben die allermeisten Gewässer in der Region den ursprünglich bis 2015 erforderlichen‚guten Zustand‘ nicht erreicht. Die Frist wurde ein letztes Mal bis 2027 verlängert. Guter Zustand, das bedeutet ein guter ökologischer und chemischer Zustand der Oberflächengewässer – jeweils auf den Gewässertyp abgestimmt – und ein guter mengenmäßiger und chemischer Zustand des Grundwassers. „Gewässerentwicklungspläne liegen für viele Gewässer vor, nun müssen wir sie endlich umsetzen“ erklärt Thomas Kuppinger vom Arbeitskreis Wasser beim BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald. So gibt es spezielle Förderungen für Kommunen, die solche Projekte angehen möchten. Doch leider ist dies vielen nicht bewusst. Auch für die Aufrüstung von Kläranlagen stehen Fördergelder bereit.


„Dass die Gewässer den guten Zustand noch nicht erreichen liegt vor allem an strukturellen Defiziten – viele von ihnen sind stark mit Beton und ‚Steinkorsetten‘ verbaut“, so Christiane Kranz vom NABU Bezirksverband. Im Neckar wird wandernden Fischarten z.B. durch Stauwehre weiterhin der Weg versperrt“. Aber auch die Wasserqualität leidet noch – durch Einträge von Nährstoffen, Pestiziden und anderen Schadstoffen aus kommunalen Kläranlagen, aus überlasteten Mischkanalisationen und aus der Landwirtschaft. Zusätzlich breiten sich vermehrt nicht-einheimische Arten wie der Kalikokrebs oder der Japanknöterich am Gewässerrand aus und verdrängen die einheimischen Arten.


Beispiele aus der Region: Weschnitz und Kraichbach
Die Weschnitz ist einer der Flüsse in der Region, für welchen bereits umfassende Planungen für eine Aufwertung laufen. Flussabwärts von Weinheim soll ihr ein naturnahes Gesicht gegeben werden, ähnlich wie es in Hessen an der Weschnitzinsel bereits der Fall ist. Dabei sollen die Innendämme geöffnet werden um ihr mehr Raum für eine eigendynamische Entwicklung zu geben. Aus den alten kanalartigen Flussläufen soll ein naturnaher Bereich mit einer typischen Auenwaldlandschaft entstehen. Neben dem Hochwasserschutz sind hier vor allem Verbesserungen für Fische und Kleinstlebewesen vorgesehen. Querbauwerke wie Wehre, insbesondere zwischen Birkenau und Weinheim, sollen ersetzt und so die Durchwanderbarkeit für solche Organismen wiederhergestellt werden. Derzeit ist eine Machbarkeitsstudie in Arbeit.


Am Kraichbach in Hockenheim wurden Hochwasser- und Ökologieaspekte miteinander verbunden und ein naturnaher Bachlauf nachempfunden. 2019 wurde die Umsetzung abgeschlossen. Totholzstrukturen, Kiesinseln und Wiesenflächen erhöhen hier nun wieder die Lebensraumvielfalt. „Dies ist für mehr Artenreichtum essentiell. Denn in natürlichen Systemen gibt es in der Regel eine ganze Palette an verschiedenen Bereichen, die jeweils von unterschiedlichen Organismen bevorzugt werden: schnell- oder langsam-fließende, mit Kies oder eher Schlamm, sowie steilere bis flachere Ufer oder feuchte bis trockene Standorte im direkten Umland“ erläutert Dr. Bianca Räpple, Regionalgeschäftsführerin des BUND RheinNeckar-Odenwald. Am Kraichbach sollen unter anderem die Bedingungen für Barben und Steinbeißer, zwei einheimische Fischarten, verbessert werden. Dieses naturnahe System kann sich jedoch langfristig nur selbst erhalten, wenn auch im Ober- und Unterlauf des Baches die Durchgängigkeit für Organismen und Feststoffe wie Kies und Sand wiederhergestellt wird. Brennnesseln, die sich bereits früh angesiedelt haben, deuten außerdem auf hohe Nährstoffeinträge hin, die es zu reduzieren gilt. Es gibt also weiterhin einiges zu tun.


Wie geht’s weiter?
Aktuell werden für den dritten Bewirtschaftungszyklus (2022 bis 2027) Bewirtschaftungspläne und Maßnahmenprogramme entwickelt. Die vorgezogene öffentliche Beteiligung bietet hier bis zum 31. Mai die Möglichkeit, Anregungen und Vorschläge auf der Homepage der Regierungspräsidien Baden-Württemberg einzubringen. Die sechsmonatige formelle Beteiligung der Öffentlichkeit beginnt dann Ende 2020.
 

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