BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald

Lammerskopf ideal für Artenhilfsprogramme

26. Juli 2023 | Klimawandel, Lebensräume, Naturschutz

NABU und BUND fordern im Rahmen des Windenergieausbaus Flächen für notwendige Artenhilfsprogramme in Baden-Württemberg. Klimakrise und Biodiversitätskrise müssen gleichrangig und gemeinsam betrachtet werden.

 (Foto: Aranka Schön Photography / BUND Steinachtal)

Der dringend notwendige Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg setzt viele seltene Vögel und Fledermäuse zusätzlich unter Druck. Deshalb fordern die Regionalverbände von NABU und BUND gemeinsam das Land und die Regionen auf, parallel zum Ausbau der Windenergie geeignete Flächen für die Umsetzung von Artenhilfsprogrammen auszuweisen. „Diese sollen verhindern, dass die Artenvielfalt im Land schweren Schaden nimmt. Die Fläche um den Lammerskopf zwischen Heidelberg und Schönau wäre ideal für ein Artenhilfsprogramm!“, sagt Christiane Kranz vom NABU Rhein-Neckar-Odenwald.

Das vierte Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) regelt im neu geschaffenen § 45d die Verpflichtungen des Bundes zur Aufstellung nationaler Artenhilfsprogramme (AHP). Artenhilfsprogramme sind Instrumente des Artenschutzes, die dem dauerhaften Schutz der Arten dienen, die durch den Ausbau der erneuerbaren Energien besonders betroffen sind.

Artenhilfsprogramme können jedoch nur funktionieren, wenn parallel zum Ausbau der Windenergie rechtzeitig ausreichend große und geeignete Flächen für deren Umsetzung ausgewiesen werden. Nur so können die Qualität und die Vernetzung der Lebensräume windkraftsensibler Arten verbessert werden.

Ein hervorragend geeignetes Gebiet für Artenhilfsprogramme ist der Lammerskopf zwischen Heidelberg und Schönau. Der Waldbestand ist groß, zusammenhängend, nicht durch Straßen zerschnitten und im Landesbesitz. Zudem genießt es als FFH-(Fauna-Flora-Habitat)-Gebiet einen Schutzstatus, der bereits in der Forstwirtschaft berücksichtigt wird. Dies alles bietet beste Voraussetzungen für ein wirksames Artenhilfsprogramm. Statt äußerst schützenswerte Fledermaus-Populationen durch den Bau von Windenergieanlagen zu gefährden, könnte hier ein Schutzgebiet und eine Ausgleichsfläche für andere Windenergie-Vorhaben in der Region geschaffen werden. „Es kann nicht sein, dass hier wertvolle Lebensräume nachhaltig geschädigt werden, die man an anderer Stelle erst mühsam wiederaufbauen muss“, ärgert sich Bianca Räpple vom BUND Rhein-Neckar-Odenwald. Denn das komplette von ForstBW ausgeschriebene Areal am Lammerskopf ist als Schwerpunktvorkommen windenergiesensibler Arten ausgewiesen. Solche Flächen werden dringend gebraucht, um besonders bedrohten Arten untereinander vernetzte Rückzugs- und Ausweichgebiete anzubieten.

“Neben der Mopsfledermaus gibt es am Lammerskopf bedeutende Bestände von 9 weiteren Fledermausarten. Viele von ihnen benötigen zwingend alte Wälder mit einem hohen Totholzanteil für ein gutes Quartierangebot und als Jagdgebiet. Wenn wir diese Populationen nicht schützen, beschleunigen wir das Artensterben in der Region auf unverantwortliche Weise“, ergänzt Edit Spielmann, Fledermausexpertin vom BUND Steinachtal.

Wichtig ist den Naturschützern von BUND und NABU der Hinweis, dass es ihnen nicht ausschließlich um den Schutz gefährdeter Fledermäuse geht. Denn diese Tiere sind im Grunde nur die Flaggschiffe, sozusagen die prominenten Stellvertreter für eine Reihe artenreicher Lebensgemeinschaften in alten Buchenmischwäldern, für deren Erhaltung Baden-Württemberg eine besondere Verantwortung trägt. Mit dem Schutz der Fledermäuse werden somit auch diese bedeutenden Waldlebensräume geschützt.

Auch bei der Aufstellung des Teilregionalplans Wind durch den Verband Region Rhein-Neckar vermissen die Naturschützer die gleichzeitige Sicherung von Flächen für Artenhilfsprogramme. Die überwiegende Mehrheit der Windenergieanlagen wird derzeit im Wald geplant. „Daher müssen wir Flächen für Artenhilfsprogramme im Wald sichern. Sie sollten großflächig und störungsarm sein, sich möglichst im Landesbesitz befinden und mit einem Laubmischwald bestockt sein, der einen hohen Anteil von Bäumen über 100 Jahre hat“, sagt Kranz.

Hintergrundinfos:
Die LUBW (Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg) liefert in ihrem Fachbeitrag „Artenschutz für die Regionalplanung Windenergie“ eine Handreichung zur Identifizierung von Standorten mit Artenschutzkonflikten und definiert Schwerpunktvorkommen der betroffenen Arten.

Laut Definition der LUBW stellen Schwerpunktvorkommen „naturschutzfachlich hochwertige Bereiche für gesetzlich geschützte, windenergiesensible Arten dar. Sie besitzen einen landesweit hohen naturschutzfachlichen Wert und enthalten für die Quell-Populationen wichtige Flächen und/oder sind wichtiger Schutzraum für eine bedeutende Anzahl (mindestens drei) windkraftsensibler Arten oder eine „Sonderstatus-Art“, wie beispielsweise die Mopsfledermaus. Diese Fledermaus-Populationen sind Quell-Populationen, das heißt sie sind essenziell wichtig für die Neu- und Wiederbesiedlung von geeigneten Lebensräumen im Umland. Werden die Quell-Populationen zerstört, sterben auch die „Satelliten-Populationen“ im Umland mit hoher Wahrscheinlichkeit aus.

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