BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald

Hermann Katzenstein MdL Bündnis 90/Die Grünen Sinsheim

Für uns Grüne ist der Schutz unserer Natur und der Einsatz für eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt eine zentrale gesellschaftliche Aufgabe. Wir wollen erhalten, was uns erhält und haben deswegen den Naturschutz ins Zentrum unserer Politik gestellt.

Wir erleben gerade das größte globale Artensterben seit dem Ende der Dinosaurier. Eine Million Arten drohen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auszusterben! Auch unsere Natur hier im Land ist bedroht: Zwei von fünf heimischen Arten sind gefährdet. Wie auch in Ihrem Schreiben erwähnt, wurde vor diesen Hintergrund das Volksbegehren „Rettet die Bienen“ initiiert.

Wir haben das Volksbegehrten inhaltlich begrüßt, gleichzeitig war aber klar, dass es einige Probleme, etwa bei der Umsetzung des geplanten Pestizidverbots in Schutzgebieten, gab. Unter Pestizide fallen hierbei nicht nur chemisch-synthetische Wirkstoffe, sondern auch Mittel, die in der biologischen Landwirtschaft eingesetzt werden – auf diesen Punkt gehe ich noch bei Ihrer vierten Frage ein.
Daher wurde gemeinsam mit den Initiator:innen und den Landwirtschaftsverbänden ein Prozess aufgesetzt - für mehr Artenschutz, der für die Landwirtschaft umsetzbar ist.  Auch haben wir noch weitere Bereiche außerhalb der Landwirtschaft beim Thema Artenschutz in den Blick genommen, wie beispielsweise ein Verbot von Schottergärten, die Eindämmung der Lichtverschmutzung oder die Verringerung des Flächenverbrauchs. Uns ist wichtig auch weiterhin den Dialog mit Landwirtschaftsverbänden und den Naturschutzverbänden zu führen und diesen zu begleiten.

Frage 1: Leider gehört nur ein Teil der Region Rhein-Neckar-Odenwald zu den neun Bio-Musterregionen. Welche Maßnahmen halten Sie für besonders geeignet, um einen Anteil des ökologischen Landbaus von 40% oder mehr auch in ihrem Wahlkreis zu erreichen?

Seit 2011 hat sich der Anteil der ökologisch bewirtschafteten Fläche in Baden-Württemberg fast verdoppelt, das sind sehr gute Nachrichten und ein Erfolg Grüner Politik! In mittlerweile neun Bio-Musterregionen in Baden-Württemberg wird seit Januar 2018 der Öko-Landbau-Sektor mit innovativen Ideen, Wissen und Engagement vorangebracht. Der von uns weiterentwickelte Aktionsplan Bio aus Baden-Württemberg rückt die Wertschöpfungskette noch stärker als Ganzes in den Fokus. 40 Prozent Bio-Anbau bis 2030 sind ein sehr ambitioniertes Ziel. Dazu braucht es ein Bündel unterschiedlicher Ansätze. Ein Weg, dies zu erreichen, wäre die öffentlichen, landeseigenen Kantinen auf regionale Bioverpflegung umzustellen und die Kommunen bei ähnlichen Projekten zu unterstützen. Die Bündelung der Nachfrage der öffentlichen Hand ist eine große Chance für Ernährung und Landwirtschaft! Das Land schafft entsprechende Anreize, damit möglichst viele Betriebe umstellen. Entscheidend wird sein, dass die Vermarktung massiv ausgebaut wird und die Verbraucher:innen dieses Angebot nutzen.

Als Land haben wir das Ziel, die Rahmenbedingungen für ökologisch wirtschaftende Betriebe zu verbessern, sowie den Um- und Neueinstieg in den ökologischen Landbau zu unterstützen sowie die ökologische Lebensmittelwirtschaft zu erleichtern. Hierfür haben wir 9 Mio. Euro für die nächsten zwei Jahre bereitgestellt.

Frage 2: Welche Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach ergriffen werden, um eine Wertschöpfungskette ökologisch erzeugter Lebensmittel von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zum Verbraucher in der Region aufzubauen?

Unser Ziel ist eine Landwirtschaft, die mit der Natur arbeitet und nicht gegen sie. Die Tiere würdig behandelt, das Klima schützt und auch die Leistungen unserer Bäuerinnen und Bauern honoriert! Es ist eine entscheidende Zukunftsaufgabe für uns die Zielkonflikte zwischen Ökonomie und Ökologie in der Landnutzung zu lösen. Das geht aus unserer Sicht nur, wenn sich alle Akteurinnen und Akteure an einen Tisch setzen: Die Landwirtschaft, der Handel, Verbraucher:innen, Verarbeiter und NGOs aus den Bereichen Tier-, Natur- und Umweltschutz. Daraus soll ein neues Miteinander, eine Art Gesellschaftsvertrag entstehen, der aufzeigt, wie flächendeckende natur- und tierverträgliche und gleichzeitig profitable Landwirtschaft aussehen wird. Außerdem brauchen wir großräumige, stabile Wertschöpfungsketten, Produktinnovationen und die Unterstützung einer Startup-Kultur im Bio-Sektor! Kooperationen mit Partnern im In- und Ausland, die sich ebenso auf den Weg machen, sind essenziell.

Letztlich müssen höhere Standards in der Erzeugung auch in höhere Erlöse für die Betriebe münden. Wichtig sind: ein fairer Umgang innerhalb der Wertschöpfungskette, ein größeres Bewusstsein bei den Verbraucher:innen und ein kooperativer Ansatz im Naturschutz.

Frage 3: Wie kann nach Ihrer Meinung die gesetzliche Vorgabe zur Reduzierung des Pestizideinsatzes auch in Haus- und Kleingärten, auf öffentlichen Grünflächen und auf Verkehrsflächen erreicht werden?

Das Land verpflichtet sich, hierfür die entsprechenden Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass das Reduktionsziel erreicht werden kann. Dies erfolgt beispielsweise durch die Anschaffung neuer Technik, verstärkte Förderung für den freiwilligen Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel und den Ausbau des Integrierten Pflanzenschutzes. Die Reduktionsziele stellen keine einzelbetriebliche Verpflichtung dar. Um diese Ziele zu erreichen, sind alle Bereiche der Gesellschaft gefordert: z.B. Privatgärten, die öffentliche Hand aber auch Großnutzer wie die Deutsche Bahn. Zu den Privatgärten: Hier brauchen die Kommunen Unterstützung für Öffentlichkeitsarbeit und weitere unterstützende Maßnahmen.

Frage 4: Würden Sie sich dafür einsetzen, die Anwendung von Pestiziden ganz zu unterbinden?

Wie eingangs erwähnt, stehen wir vor dem größten globalen Artensterben aller Zeiten.
Wir Grüne stehen uneingeschränkt für den Artenschutz ein! Gleichzeitig tragen wir aber auch eine Verantwortung gegenüber den Landwirtinnen und Landwirten. Und auch für die Erzeugung von „Bio“-Produkten, wie bspw. Bio-Wein, ist der Einsatz von biologischen Pestiziden notwendig, in moderaten Mengen natürlich! Wir wollen Lösungen gemeinsam mit der Landwirtschaft erarbeiten - deshalb halte ich ein generelles Anwendungsverbot von Pestiziden nicht für zielführend.

Anders ist das bei ausgewiesenen Naturschutzgebieten. So konnten wir erreichen, dass ab dem 1. Januar 2022 der Einsatz aller Pestizide in Naturschutzgebieten verboten wird.

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