BUND Regionalverband Rhein-Neckar-Odenwald

Amelie Pfeiffer Bündnis 90/Die Grünen Neckar Odenwald

Frage 1: Leider gehört nur ein Teil der Region Rhein-Neckar-Odenwald zu den neun Bio-Musterregionen. Welche Maßnahmen halten Sie für besonders geeignet, um einen Anteil des ökologischen Landbaus von 40% oder mehr auch in ihrem Wahlkreis zu erreichen?

Mein Wahlkreis der Neckar-Odenwald-Kreis ist seit 2019 eine der mittlerweile  neun Biomusterregionen in Baden-Württemberg. Um den Anteil des ökologischen Landbaus zu erhöhen braucht es intensive Beratung, best-practice Beispiele und vor allem die Stärkung der Nachfrage von biologisch erzeugten Produkten, wie z.B. der Umstellung der öffentlichen Kantinen auf regionale Bioverpflegung.

In unserer Biomusterregion soll ein Modellprojekt für Gemeinschaftsverpflegungen aufgelegt werden, um die Betreiber bei der Umsetzung zu unterstützen.

Kleine, bereits jetzt extensiv betrieben landwirtschaftliche Betriebe werden direkt angesprochen ob eine Umstellung für sie nicht in Frage käme.

Frage 2: Welche Maßnahmen sollten Ihrer Meinung nach ergriffen werden, um eine Wertschöpfungskette ökologisch erzeugter Lebensmittel von der Erzeugung über die Verarbeitung bis zum Verbraucher in der Region aufzubauen?

Der Aufbau einer Wertschöpfungskette vom biologisch erzeugten Lebensmittel über die Verarbeitung bis zum Verbraucher sehe ich als ganz wichtige Aufgabe an, um die Biolandwirtschaft voranzutreiben.

Es müssen weitere Vermarktungsstrukturen aufgebaut werden, in unserem Landkreis gibt es erste  gute Ansätze, wie z.B. die Bio-Scheune in Dallau, in der mehrere Biolandwirte und eine Biobäckerei mehrere Regiomaten für den Verkauf ihrer Produkte nutzen. Die Bio-Scheune hat sich aus einem bestehenden Milchautomaten eines Landwirtes vor Ort entwickelt und liegt an einer viel befahrenen Bundesstraße.

Die Biomusterregion hat viele Netzwerke angeregt, die Landwirte untereinander stärker vernetzt aber auch zu einer Vernetzung in den Einzelhandel geführt. So haben 11 Biobetriebe sich zusammengeschlossen um  in mehrere Märkten  vor Ort (EDEKA, Rewe) ihre Produkte unter dem Slogan „WIR machen BIO- lecker, regional und fair“ zu vermarkten.

Es braucht für die Wertschöpfungskette aber auch eine gute Infrastruktur an Lebensmittelverarbeitung. So ist in Zukunft zu sichern, dass es auch vor Ort in den Regionen ausreichend tiergerechte bzw. alternative Schlachtmöglichkeiten gibt, und diese auch mit Biozertifizierung.

Frage 3: Wie kann nach Ihrer Meinung die gesetzliche Vorgabe zur Reduzierung des Pestizideinsatzes auch in Haus- und Kleingärten, auf öffentlichen Grünflächen und auf Verkehrsflächen erreicht werden?

Um den  Pestizideinsatz  in Haus- und Kleingärten , auf öffentlichen Grünflächen und Verkehrsflächen zu reduzieren sollte zunächst auf intensive Information gesetzt werden. Wie können die Flächen alternativ gepflegt werden, wie „sauber“ müssen die Flächen überhaupt sein, welchen Vorteil für die Biodiversität haben auch „wildere“ Grünflächen. Daneben sollten gefährliche Pestizide nicht über den Handel käuflich sein. Infoveranstaltungen, Infoflyer sollten sich zielgerichtet an Haus- und Gartenbesitzer und die Kommune, hier insbesondere an die Bauhöfe richten.

Frage 4: Würden Sie sich dafür einsetzen, die Anwendung von Pestiziden ganz zu unterbinden?

Das Verbot von Pestiziden zielt darauf, die Biodiversität zu erhöhen und das Artensterben auszubremsen, gesundheitlich bedenkliche Stoffe aus der Nahrungskette zu eliminieren. Das ist natürlich das Ziel, für das ich mich einsetze. Als konventionelle Landwirtin und Agrarbiologin  fällt es mir allerdings schwer,  Pestizide sofort ganz zu verbieten, denn der Verzicht auf alle Pestizide bedeutet eben ein ganz anderes  Wirtschaften. Dennoch bin ich der Meinung, auch im konventionellen Landbau kann auf viel mehr Pestizide verzichtet werden, wenn der integrierte Pflanzenschutz tatsächlich mehr Anwendung finden würde und eine wirtschaftliche Abwägung getroffen wird, ob der Einsatz von Pestiziden überhaupt lohnenswert erscheint.  Seit Jahren warnt die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) dass es ein „weiter so“ nicht geben kann, denn mittlerweile gibt es viele Resistenzen gegen Pestizide und wenige neue Wirkstoffe, so dass Landwirte alternative Wege im Ackerbau gehen müssen, die es ja auch gibt, wie z.B. eine weitere Fruchtfolgen, größere Reihenabstände, andere Sortenwahl statt nur auf  Höchsterträge zu setezn, u.v.m. Für diese aufwändigeren Maßnahmen sollten Landwirte aber auch honoriert werden, daher setze ich mich für eine andere Agrarpolitik hin zur Gemeinwohlprämie und weg von den Flächenprämien ein.  Auch setze ich auf intensive Fortbildung, Schulungen und Informationsveranstaltungen. Der  Erfahrungsaustausch zwischen Biolandwirten und konventionellen Landwirten sollte gefördert werden, Feldtage zur mechanischen Unkrautkontrolle sollten gefördert werden. In der Ausbildung zum Landwirt gehören Themen des  ökologischen Landbaus unbedingt als Pflichtfach dazu, so dass mittelfristig es insgesamt zu einer Ökologisierung der landwirtschaftlichen Betriebe kommt.

Konventionelle und biologisch wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe können einen großen Beitrag zur Biodiversität und zum Artenerhalt beitragen, wenn sie auf kleinen Flächen in einer abwechslungsreichen Landschaft arbeiten.  Das muss Berücksichtigung bei der Förderung aber auch bei Verordnungen  und  der Flurbereinigungen finden. Bereits  heute leisten die Landschaftserhaltungsverbände, die jetzt aktuell wieder mit Personalstellen gestärkt wurden, um regional mit allen Beteiligten optimale Lösungen für den Biotopverbund zu finden, eine gute Arbeit.

Es müssen dazu begleitend mehr Forschungsgelder frei gemacht werden für biologischen Ackerbau! Um Veränderungen in der Landwirtschaft zu gestalten braucht es eine verlässliche Förderpolitik und einen zeitlich ausreichenden Rahmen, damit die landwirtschaftlichen Betriebe die Umstellung mitgehen können und nicht aufhören!  

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